Derneck
Münzdorf (Hayingen), Landkreis Reutlingen
Höhe: 655 Meter
English Summary
Einst unter dem Namen Degeneck bekannt, wurde Burg Derneck wohl als letzte der Burgen des Lautertals durch Degenhart (I.) von Gundelfingen erbaut. Die gut erhaltene Anlage befindet sich heute im Besitz des Schwäbischen Albvereins, der dort ein Wanderheim nebst Bewirtung betreibt.
(Michael Kienzle)
Burg Derneck von Horst Guth, Cinecopter
Burg Derneck beziehungsweise Degeneck findet erstmals Erwähnung, als sich im Jahr 1351 Degenhart (I.) von Gundelfingen, der Sohn des Ritters Konrads (VIII.) von Gundelfingen, nach seiner wohl nur wenig vor der Jahrhundertmitte errichteten Burg benennt. Im Falle der spätmittelalterlichen Burganlage dürfte es sich somit um den letzten Burgenneubau des Lautertals handeln. Einige Jahre später, 1365 nennt sich Swigger (XXII.) von Gundelfingen nach der Burg und verpfändet damals die Hälfte der Anlage, während die andere Hälfte scheinbar unter der Verfügung seines Bruders Stephan (I.) stand. Eine Kapelle und ein Gefängnis sind innerhalb der Burganlage im 15. Jahrhundert belegt. Nach dem Aussterben der Gundelfinger Familie kam Derneck im 16. Jahrhundert zunächst an die Grafen von Helfenstein, 1627 dann an das Haus Fürstenberg und 1647 an die Familie Speth. Es folgten weitere Besitzerwechsel, bis die Burg 1768 erneut an Fürstenberg kam, unter dem die damals bereits stark zerfallene Anlage als landwirtschaftliches Gut und Försterwohnung genutzt wurde. In diesem Zusammenhang scheinen umfangreichere Renovierungsarbeiten stattgefunden zu haben. Nachdem sie 1828 vorübergehend in württembergischen Besitz gekommen war, erwarb sie in der Folge der Schwäbische Albverein, unter dessen Regie 1968 der Um- und Ausbau zum heute bestehenden Wanderheim erfolgte.
Burg Derneck liegt rund 1 Kilometer östlich der Siedlung Münzdorf auf einem felsigen Sporn zwischen der Lautertalaue und einer Seitenschlucht. Die ursprüngliche, etwa 15 x 20 Meter große Kernburg befand sich auf dem mittig in der heutigen Burgfläche situierten Felsenriff, welches sich hinter der knapp 16 Meter langen, rund 4,70 Meter starken Schildmauer erhebt. Mehrere Baufugen an letzterer verweisen auf unterschiedliche Bauphasen. Vermutlich stets in ähnlicher Höhe ausgeführt, wie sie heute noch erhalten ist, war dieser Schildmauer auf der Rückseite ein rechteckiger, etwa 4,6 x 4,9 Meter messender Turm angebaut, der im unteren Teil Eckbuckelquader erkennen lässt. Gegen den Hofbereich ausgerichtete Schießscharten in dessen Mauerwerk legen nahe, dass an diesen – zumindest in der Anfangsphase – kein weiteres Gebäude direkt angebaut gewesen sein kann. Einer späteren Phase gehört die nachträgliche Verstärkung der Schildmauer unter Einbeziehung des vorhandenen Eckturms an sowie die Ergänzung des rückseitig angegliederten Halbrundturms. Weitgehend unklar bleibt bei all dem die Ausformung des hinter der Schildmauer gelegenen Kernbereichs der Burg. Vielleicht lag hier einstmals, durch einen kleinen Hof von der Schildmauer separiert, ein größerer Wohnbau am südlichen Ende des Kernburgfelsen, wie sich dies gut in das Bauprogramm zahlreicher Albburgen einfügen würde – obertägig erhalten hat sich hiervon jedoch nichts. Wahrscheinlich noch im 14. Jahrhundert wurde die Kernburg durch die Einfassung und Umwehrung der südseitigen Vorburg ergänzt, wo möglicherweise in diesem Zuge auch das „Försterhaus“ entstanden sein könnte. Dessen nachmittelalterlicher Fachwerkstock von 1768 sitzt auf einem viel älteren massiven Unterbau mit erhaltener Eichenbalkendecke des späten 14. oder frühen 15. Jahrhunderts auf. Im selben Zuge dürfte auch der äußere Zwinger entstanden sein, der die Burg auf drei Seiten umschließt, während der innere Zwinger wohl noch der Gründungsanlage zuzurechnen ist. Erweitert wurden die Burggebäude schließlich um die nachmittelalterlichen Bauten der ehemalige Scheune (die heutige Burgschenke), dem Holzschopf und des an der Ostmauer gelegenen Backhauses. Im südwestlichen Burgareal befand sich eine Zisterne. Gegen die Feldseite wird die Anlage durch einen 8 bis 10 Meter breiten, heute nicht mehr in ursprünglicher Tiefe erhaltenen Halsgraben gesichert. Vom einstigen Burgtor, das sich bildlichen Quellen zufolge im Bereich des heutigen Zugangswegs befunden haben dürfte, ist nichts mehr erhalten.
Zubehör der Burg war wohl stets der Ort Münzdorf sowie auch ein kleines Burggut, zu dem noch im 17. Jahrhundert mehrere Äcker, Wiesen, Gärten und Waldstücke sowie ein Fischwasser in der Lauter gehörten. Ein alter Weg führte von Derneck aus nach Gundelfingen sowie zu der alten Mühle „zur Wittsteig“. Unmittelbar gegenüber lag die ältere, zur Zeit der Erbauung Dernecks aber bereits aufgegebene Burganlage auf dem „Kapf“ bei Weiler.
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