Residenzschloss Urach
Bad Urach, Landkreis Reutlingen
Höhe: 463 Meter
Die Grafen von Urach errichteten spätestens im 11. Jahrhundert westlich des heutigen Schlosses eine Wasserburg, das spätere Alte Schloss. Dieses 1790 abgebrochene Gebäude bestand aus einem Fachwerkgebäude mit hohem steinernen Unterbau und entsprach mit seinem Walmdach der Kubatur des heutigen Schlosses.
(Rolf Bidlingmaier, Stadtarchiv Metzingen)
Flug über Residenzschloss Urach - Horst Guth, Cinecopter
Wie dendrochronologische Untersuchungen ergaben, wurde das Schloss Urach im Jahr 1400 als Jagdschloss von Graf Eberhard III. von Württemberg und seiner italienischen Gemahlin Antonia Visconti errichtet. Infolge der württembergischen Landesteilung 1442 hatte das Schloss zwischen 1442 und 1482 die Funktion eines Residenzschlosses für den Uracher Landesteil. Graf Ludwig I. ließ um 1442 die Dürnitz als repräsentativen Raum mit spätgotischen Gewölbe einbauen. Unter dem im Schloss Urach geborenen Graf Eberhard im Bart erfolgte nach der Pilgerreise nach Jerusalem die Anbringung einer Ahnenprobe, der Palmen und seines Wahlspruchs „Attempto“ im Palmensaal im ersten Obergeschoss. Im Zusammenhang mit der 1474 stattgefundenen Hochzeit mit Barbara Gonzaga aus Mantua wurde der Goldene Saal im zweiten Obergeschoss geschaffen. Mit der Wiedervereinigung Württembergs 1482 im Münsinger Vertrag wurde die Residenz wieder nach Stuttgart verlegt. Das Uracher Schloss diente nun wieder als Sommersitz und als Jagdschloss des Herzogshauses. Herzog Ulrich erweitere das Schloss nach 1534 mit dem südlich vorgelagerten Anbau und dem anschließenden Rundturm. Im Mai 1515 wurde Herzog Christoph im Uracher Schloss geboren. Sein Sohn Herzog Ludwig hielt hier 1585 das Beilager mit seiner zweiten Gemahlin Ursula Pfalzgräfin von Veldenz. Aus dieser Zeit stammt das Himmelbett in Renaissanceformen im Goldenen Saal. Unter Herzog Johann Friedrich wurde um 1610 der Goldene Saal neu ausgestattet und damit der reichste, bis heute erhaltene Renaissancesaal Altwürttembergs geschaffen. Die ausführenden Meister sind bis jetzt nicht bekannt. In den Jahren darauf erhielten die Pfaffenstube, die Apothekerstube und die Totenkammer im Dachgeschoss Raumdekorationen im Stil der Renaissance. Nach dem Dreißigjährigen Krieg ließ Herzog Eberhard III. in den 1660er Jahren an der Westseite des Schlosses eine zweiläufige Treppe anfügen. Herzog Carl Eugen nutzte das Uracher Schloss wieder häufiger als Jagdschloss. In den 1760er und 1770er Jahren ließ er einige Räume unter Leitung von Johann Adam Groß dem Jüngeren in zeitgemäßen Formen des späten Rokoko dekorieren. Hierzu gehörten der als Speisesaal geschaffene Weiße Saal und das herzogliche Appartement anstelle des Palmensaals im ersten Obergeschoss sowie eine Folge von Assembléezimmern im ersten und zweiten Obergeschoss des Anbaus. Als ausführender Stuckator wird Johann Valentin Sonnenschein angenommen. Da das Schloss Anfang des 19. Jahrhunderts vom württembergischen Hof nur noch selten genutzt wurde, ließ König Wilhelm I. 1819 fast das gesamte Mobiliar versteigern. Als letztes Mitglied der königlichen Familie logierte dessen Frau Pauline 1826 für einige Tage im Schloss Urach. 1829 wurde das erste Obergeschoss dem Dekan als Wohnung und das zweite Obergeschoss dem zweiten Pfarrer als Wohnung überlassen. Schon 1817 wurde aufgrund der instabilen Statik von größeren Umbauten im Inneren des Schlosses abgeraten, da „zu befürchten sey, es möchte nicht nur der Goldene Saal herunterfallen, sondern auch der obere Wohnstock zusammenstürzen“. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hatte sich der bauliche Zustand des Gebäudes soweit verschlechtert, dass eine Generalsanierung unumgänglich war. Diese erfolgte in den Jahren 1960 bis 1968. Zwar wurde das Gebäude wieder auf sichere statische Grundlagen gestellt, doch wurde für diese Baumaßnahme das Innere des Gebäudes fast vollständig entfernt. Lediglich der Goldene Saal und der Weiße Saal wurden anschließend wiedereingebaut. Anstelle der Räume im ersten Obergeschoss wurde der Palmensaal wiederhergestellt und im zweiten Obergeschoss ein Museumssaal geschaffen. Infolge des Abbruchs des Treppenhauses an der Westseite musste im Anbau eine neue Treppenanlage eingebaut werden, der vier der Assembléezimmer von Herzog Carl Eugen zum Opfer fielen. Das Württembergische Landesmuseum eröffnete 1973/74 im Schloss ein Zweigmuseum, in dem heute barocke Prunkschlitten zu sehen sind.
Das zentral in der Stadt gelegene Schloss besitzt einen rechteckigen Grundriss mit Anbauten an der Südseite und einem Rundturm. Der Zugang erfolgt durch den Torturm mit barockem Mansarddach. Rechts davon befindet sich das ehemalige Kameralamt, jetzt Sitz des Dekanats. In der ehemaligen Hausschneiderei links befindet sich der Eingang in das Schloss. Der viergeschossige Baukörper besitzt ein steinernes Erdgeschoss und drei Obergeschosse aus Fachwerk. Das Erdgeschoss nimmt die mit einem spätgotischen Gewölbe versehene Dürnitz ein. Im ersten Obergeschoss folgt der in den 1960er Jahren wiederhergestellte Palmensaal, so benannt nach der an den Längswänden befindlichen Ahnenprobe von Graf Eberhard im Bart. Nördlich davon liegt der in unter Herzog Carl Eugen geschaffene Weiße Saal mit einer Stuckdekoration in Formen des späten Rokoko. Aus derselben Zeit stammen die Ausstattung des Dritten Assembléezimmers im Rondell und das darüberliegende Rondellzimmer im zweiten Obergeschoss. Anstelle der herzoglichen Wohnräume im zweiten Obergeschoss befindet sich heute ein Museumssaal. Von ihm aus erfolgt der Zugang zum Goldenen Saal. Dieser zeigt reiche Bildhauerarbeiten, Holzschnitzereien und Wandmalereien in den Formen der Renaissance.
Beschreibung des Oberamts Urach, hg. vom Statistischen Landesamt, Stuttgart 1909, S. 571-578.
Der Landkreis Reutlingen, Bd. 1, Sigmaringen 1997, S. 485, 487, 492.
Klaus Merten: Schloss Urach, München, Berlin 1989.
Adolf Mettler: Von Hohenurach und Urach. In: Blätter des Schwäbischen Albvereins 1929, Sp. 193-199 und 227-233.
Walter Röhm: Urach. Stadtführer durch Kunst und Geschichte, Urach 1978, S. 177-182.
Schloss Urach. Württembergische Residenz. Jagdschloss. Museen. Ausflüge (Sonderheft Schösser Baden-Württemberg, Stuttgart 2000.
Gustav Schwab: Die Neckarseite der Schwäbischen Alb, Stuttgart 1823, S. 125-140.
Günter Schmitt: Burgenführer Schwäbische Alb. Band 4: Alb Mitte-Nord, Biberach 1991, S. 197-208.
Stadt, Schloss und Residenz Urach. Hg. von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden- Würtemberg und Klaus Gereon Beuckers, Regensburg 2014.
Schloss Urach liegt am Nordrandweg HW 1 des Schwäbischen Albvereins.
Zufahrt: Bismarckstraße 18, 72574 Bad Urach.
Sehenswertes in der Umgebung: Amanduskirche, Rathaus mit Altstadt