Stahleck
Holzelfingen (Gemeinde Lichtenstein), Landkreis Reutlingen
Höhe: 711 Meter
Die ehemalige Burg Stahleck lag im Talschluss des Zellertals, eines Seitentals der Echaz, auf einem steilen, vom Rand der angrenzenden Hochfläche vorspringenden Burgfelsen.
(Michael Kienzle)
Eine auf Burg Stahleck ansässige Adelsfamilie wird vielleicht erstmals am 26. April des Jahres 1254 greifbar, wenn ein Cunradus de Stahelekke als Zeuge in einer Urkunde Graf Ulrichs von Württemberg genannt wird. Zwar ist die Zuordnung jenes Konrad umstritten, jedoch verweisen die im selben Zusammenhang genannten Zeugen durchaus auf einen Bezug zu der bei Lichtenstein gelegenen Burg. Im Jahr 1304 war dann eine Angehörige der Stahlecker Familie Nonne im nahen Kloster Offenhausen und am 16. April 1322 erscheint ein Dietrich von Stahleck in der historischen Überlieferung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte es sich bei der wohl niederadeligen Familie der Stahlecker um ritterliche Lehensleute beziehungsweise Ministeriale der Herren von Greifenstein gehandelt haben.
Der Fundkeramik nach dürfte Burg Stahleck spätestens von der Mitte des 13. bis ungefähr zur Mitte des 14. Jahrhunderts bewohnt gewesen sein, wobei eine Erbauung wohl schon in der ersten Jahrhunderthälfte angenommen werden muss. Vor welchem Hintergrund die Burg schließlich aufgegeben wurde, bleibt ebenso wie deren potentielle Verwicklung in die kriegerischen Ereignisse des Reichskriegs 1311 bislang weitgehend unklar. Jüngst durchgeführte archäologische Ausgrabungen erbrachten jedenfalls Hinweise auf mindestens zwei separate Bauphasen sowie eine Brandkatastrophe bislang noch nicht eindeutig geklärter Dimension und Zeitstellung.
Burg Stahleck liegt auf einem nach Westen vorspringenden steilwandigen Burgfelsen hoch über dem Zellertal am Rand der Hochfläche etwa 2 Kilometer nordöstlich von Holzelfingen. Feldseitig wurde sie gegen das flach anschließende Gelände durch einen heute stark verfüllten, abgewinkelten Halsgraben geschützt. Hinter dem Graben befindet sich als Rest einer Umfassungsmauer ein steindurchsetzter Schuttwall, in dem Reste von Fundamentmauerwerk stecken. Die etwa dreieckige Kernburg umfasst eine Fläche von rund 22 x 25 Meter. Ihre heute auffallend ebene Fläche verdankt sie höchstwahrscheinlich einer späteren Planierung.
Spuren der einstigen Innenbebauung sind obertägig kaum noch erkennbar. Jedoch lassen sich stellenweise undeutliche Relikte von Mauerzügen im Untergrund ausmachen. Hohlziegelbruch und gebrannte Lehmbrocken sowohl im Hangschutt als auch auf der Burgfläche verweisen zusätzlich auf einstmals vorhandene Bauten innerhalb des Kernburgareals.
Der Oberamtsbeschreibung von 1824 zufolge sollen zu jener Zeit noch „Reste der Burg“ vorhanden gewesen sein, die aber schon im Jahr 1902 offenbar nicht mehr erkennbar waren. Bereits 1925 war der gesamte Platz eingeebnet und nur noch der Graben sichtbar. Im Zuge der archäologischen Ausgrabungen im Sommer und Herbst 2021 konnten schließlich an mehreren Stellen im Kernburgareal Reste von Fundamentmauerwerk eines rund 10 x 10 Meter messenden, im Untergeschoss zweigeteilten Hauptgebäudes der Burg erfasst werden, bei dem es sich wohl um den Wohnbau des Burgherren handelte.
Im Vorfeld der Anlage zeichnet sich anhand schwach erkennbarer Geländespuren sowie zahlreicher Streufunde ein größeres Vorburgareal ab, welches einst der Aufnahme ökonomischer Strukturen verschiedener Art gedient haben dürfte. Zugleich könnte dieses als zusätzliches Annäherungshindernis fungiert haben, auch wenn konkrete Hinweise auf entsprechende Befestigungsanlagen bislang nicht ermittelt werden konnten. Die archäologisch erfassten Befunde verweisen auf mindestens ein größeres, offenbar in Holzbauweise errichtetes Gebäude des Spätmittelalters an dieser Stelle, dessen Wohnkomfort durch das Vorhandensein eines Kachelofens des 14. Jahrhunderts gewährleistet war. Dieses dürfte schließlich wohl um die Jahrhundertmitte einem größeren Brandereignis zum Opfer gefallen sein, wie stark verziegelte Brandlehmfragmente aufzeigen.
Im Vorfeld der Burgstelle liegt innerhalb einer geräumigen Rodungsinsel der heutige Stahlecker Hof. Dieser wurde erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut, geht also nicht wie teils angenommen auf einen mittelalterlichen Wirtschaftshof zurück. Dennoch ist anzunehmen, dass zumindest Teile der dortigen Flächen bereits während des Mittelalters von der Burg aus agrarwirtschaftlich genutzt wurden. Fast unterhalb der Burg führte eine alte Steige vom Echaztal auf die Hochfläche.
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Michael Kienzle, Burg und Kulturlandschaft. Beobachtungen zum soziokulturellen und topographischen Umfeld mittelalterlicher Adelssitze im Bereich der Mittleren Schwäbischen Alb. Dissertation Tübingen (in Vorbereitung).
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