Hohenneuffen
Stadt Neuffen, Landkreis Esslingen
Höhe: Circa 743 m
Der Hohenneuffen, der zu den württembergischen Landesfestungen zählte, ist eine der prominentesten und markantesten Ruinen des Landes. Wohl Ende des 11. Jahrhunderts als Adelsburg erbaut, wurde die Anlage bis ins 18. Jahrhundert stetig um- und ausgebaut und erweitert. Die Festung diente als wehrhafter Ort und als Gefängnis. Anfang des 19. Jahrhunderts als Festung aufgegeben, gewann der Hohenneuffen nach und nach Bedeutung als Sehenswürdigkeit und Aussichtspunkt und spielte zudem eine Rolle als symbolträchtiger Ort auf dem Weg zur Bildung des Südweststaats Baden-Württemberg.
Burg Hohenneuffen von Horst Guth, Cinecopter
Musik Martin Olschewski
Mangold von Sulmetingen gründete um 1100, einige Jahre nachdem sein Vater Burg Sperberseck erbauen ließ, die Burg Hohenneuffen. Sein Sohn Egino nannte sich 1122 erstmals nach der neuen Burg „von Neuffen“, starb aber um 1150 kinderlos. Daraufhin ging die Burg an Bertold II. von Weißenhorn über, der wahrscheinlich ein Bruder des Burggründers war. Auch er und sein Sohn Heinrich nannten sich nun nach dem Hohenneuffen. Ansehen und den Einfluss des Geschlechts wuchs in der Zeit der Staufer beträchtlich, sie verfügten über weit verstreute Besitzrechte in ganz Schwaben und traten auch als Stadtgründer hervor. Durch ihre Nähe zu den Königen Phillip von Schwaben und Friedrich II. wurden die Neuffener, in Abwesenheit des Kaisers, Regent Schwabens und Erzieher des Kaisersohns Heinrich (VII.). Als dieser um 1235 gegen seinen Vater rebellierte, hielten die Herren von Neuffen zu ihrem ehemaligen Schützling.
Die Niederschlagung dieses Aufstands durch den Kaiser 1235 traf auch die Herren von Neuffen, es folgte wirtschaftlicher und sozialer Abstieg in den Jahrzehnten danach. Die schwäbische Hauptlinie starb 1290 aus, Burg und Herrschaft Neuffen gelangten über Konrad von Weinsberg 1301 an den Grafen Eberhard I. von Württemberg. Für Württemberg bedeutete die Herrschaft Neuffen eine bedeutende Erweiterung seines Territoriums, das Hifthorn des Neuffener Wappens fand Eingang in das württembergische Wappen.
Die Burg blieb auf Dauer unter direkter württembergischer Kontrolle, sie konnte weder im Städtekrieg 1449, noch bei der Vertreibung Herzog Ulrichs 1519, noch im Bauernkrieg 1525 erobert werden. Herzog Ulrich ließ die mittelalterliche Burg nach seiner Rückkehr zu einer seiner sieben Landesfestungen ausbauen.
Im Dreißigjährigen Krieg 1635 wurde die Feste nach 14 Monaten Belagerung den Kaiserlichen übergeben, obwohl der Proviant eine deutlich längere Belagerung zugelassen hätte. Allerdings schien der demoralisierten Besatzung ein weiteres Ausharren sinnlos.
Die Festung wurde immer wieder auch als Gefängnis genutzt, so für Joseph Süß Oppenheimer, den Berater Herzog Karl Alexanders, gegen den schließlich nach einem Schauprozess ein Todesurteil vollstreckt wurde.
Herzog Karl Alexander hatte 1735 begonnen, den Hohenneuffen erneut auszubauen und den gewachsenen Anforderungen der Kriegstechnik anzupassen. Mit seinem Tod 1737 kamen die Arbeiten aber ins Stocken. Die Festung zerfiel daraufhin rasch und wurde ab 1796 aufgegeben. Heute ist sie eines der beliebtesten Ausflugsziele der Gegend, auch durch die 1966/67 grundlegend durchgeführten und in den letzten Jahren erneut verbesserten bestandserhaltenden Maßnahmen.
1948 war der Hohenneuffen Schauplatz der so genannten Dreiländerkonferenz, bei der sich maßgebliche Politiker der drei Länder Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden trafen, um über den Weg zur Gründung eines Südweststaats zu verhandeln. Die Konferenz gilt als eine Art Initialzündung für die schließlich 1952, nach jahrelangem Ringen erfolgte Gründung des Landes Baden-Württemberg.
Die Entwicklung der ehemaligen Adelsburg zur modernen Festung lässt sich in mehrere Phasen einteilen. Die von Mangold im 11. Jahrhundert erbaute Burg lag ausschließlich auf dem Gipfelplateau und umfasste eine Fläche von etwa 55 auf 60 Meter. Von ihr stammt die 3,4 Meter starke, nach Osten gerichtete Schildmauer. Die später folgenden, zahlreichen Aus- und Umbauten haben die mittelalterliche Burg an den meisten Stellen ganz verschwinden lassen oder so stark überformt, dass ihre Spuren erst durch eine detaillierte Bauuntersuchung noch zu erkennen wären.
Schon im 14. und 15. Jahrhundert ließen die Grafen von Württemberg die um eine äußere Ringmauer mit Torturm und den markanten Allewindeturm ergänzen. Schon mit dieser Verstärkung war die Grundlage für den Ausbau zur Landesfestung gelegt, der im 16. Jahrhundert begann. Dieser Ausbau ist die wichtigste und das heutige Bild prägende Bauphase. Herzog Ulrich von Württemberg ließ ab 1543 die massiven Rondelltürme errichten und mit Erde auffüllen, um große Kanonen auf ihnen stationieren zu können. Seine Nachfolger setzten den Ausbau gezielt fort. Auch das groß angelegte Vorwerk wurde weiter verstärkt und gesichert, etwa durch die so genannte Ludwig-Bastion. Der Zugang erfolgte mittels einer über acht Pfeilern errichteten Holzbrücke. Innerhalb der Kernburg wurden eine Kommandantur, ein Zeughaus, eine Schmiede und einige andere Gebäude errichtet.
Während der letzten Ausbauphase unter Herzog Carl Alexander 1735-1742 wurde der Zugang zur Festung an die Nordseite des Berges verlegt. Um den neuen Aufgang zu schützen, wurde das Vorwerk weiter ausgebaut So wurden neue Gräben und Terrassen zur Aufstellung von Geschützen ergänzt und mit Bastionen verstärkt. Durch den Tod des Herzogs und die auflaufenden hohen Kosten blieben die Bauarbeiten aber unvollendet. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Festung aufgegeben und teils als Steinbruch genutzt, bevor sie als touristisches Ziel Bedeutung gewann. Das Land Baden-Württemberg als Eigentümer kümmert sich seit Jahrzehnten intensiv um die Sicherung und Erhaltung der Ruine.
Grundrisse Günter Schmitt: Kreisarchiv Sigmaringen Nachlass XI/98 Günter Schmitt
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Ottersbach, Christian; Wagner, Heiko und Wöllper, Jörg: Festungen in Baden-Württemberg, Regensburg 2014
Anfahrt von Bad Urach, Neuffen oder Lenningen nach Erkenbrechtsweiler. Eine bezeichnete Straße führt direkt zu Parkplätzen am Hohenneuffen.
Frei zugänglich.