Weiler
Münzdorf (Hayingen), Landkreis Reutlingen
Höhe: 649 Meter
Burgstelle "Kapf" bei Weiler
Auf einer kegelförmig über das Lautertal aufragenden Anhöhe, zwischen dem kleinen Dorf Weiler und der benachbarten Burg Derneck, lag einst eine weitgehend vergessene Burg. Heute führt ein Kreuzweg (Kalvarienberg) hinauf zum Gipfelkreuz, wo unscheinbare Geländespuren von der mittelalterlichen Anlage zeugen.
(Michael Kienzle)
„Bey dem Ort steht ein, in das thal vorspringender Bergkopf, von den Einwohnern Kapfle auch Burgstall genannt. Auf demselben stand die Burg Weiler, wovon man noch Ueberreste bemerkt“, so berichtete die Oberamtsbeschreibung aus dem Jahre 1825. In der Folge verschwand der kleine Adelssitz dennoch weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein. Zeitgenössische Schriftquellen, die über die Burg berichten könnten, sind nicht überliefert, ebenso wenig ist bekannt, wer die Erbauer oder frühen Besitzer der kleinen Anlage waren. Archäologische Funde lassen allerdings eine Entstehung während der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts annehmen. Bereits im 13. Jh. scheint die Burg aber nicht mehr bewohnt worden zu sein. Im 14. und 15. Jahrhundert hieß das unterhalb gelegene Dorf, welches als mutmaßlicher Burgweiler entstanden sein könnte, stets „Gundelfingenweiler“ oder „Burgstallweiler“ und war zu dieser Zeit nachweislich Zubehör der Burg Hohengundelfingen. Ob sich aus dieser herrschaftlichen Verzahnung Rückschlüsse auf frühere Zustände ableiten lassen, muss unsicher bleiben und so bleibt es bis heute offen, welche Rolle jener frühen Burganlage vor dem Hintergrund der Gundelfinger Herrschaftsbildung im Lautertal zugekommen sein könnte. Die einmal geäußerte Vermutung, es könne sich um eine frühe Burg der Herren von Gundelfingen handeln, die um das Jahr 1200 in Zusammenhang mit dem Neubau der Burg Hohengundelfingen aufgegeben wurde, lässt sich so jedenfalls bislang nicht belegen.
Die Burg bei Weiler lag auf einem frei aus dem ansteigenden Hangbereich herausragenden Bergkegel etwa 40 Meter oberhalb des Lautertals, etwa 300 Meter nördlich des Dorfes. An der Burgstelle sind lediglich noch schwach ausgeprägte Geländespuren erkennbar. Gesichert wurde die Anlage durch einen fragmentarisch erhaltenen, ringförmig etwa 8 bis 10 Meter unterhalb des Gipfels angelegten Spitzgraben. Vor diesem zeichnet sich stellenweise der Rest eines vorgelegten Walls ab. Gegen die Ostseite übernahm der tief in das Lautertal abfallende Steilhang die Abschirmung der Burg. Im Bereich einer etwa 4 x 5 Meter großen Verebnung auf der Gipfelfläche könnte einst ein Wohnturm gestanden haben. Darüber hinaus zeichnen sich mehrere künstlich angelegte Terrassen beziehungsweise Geländeabsätze im Hangbereich ab. Auf der Nordseite sind unterhalb des Gipfels zwei halbrunde untereinander situierte Flächen erkennbar; am Südhang fällt knapp 5 Meter unter dem Gipfel ein halbmondförmiger Absatz auf. Wenn auch eindeutige Spuren einstiger Bautätigkeit zumindest obertägig nicht mehr erkennbar sind, so ist doch anzunehmen, dass es sich im Falle dieser Geländespuren um Standorte ehemaliger Burggebäude handeln könnte. Während Mörtelreste und gebrannte Lehmklumpen im Lesefundgut grundsätzlich auf deren Existenz hinweisen, lassen sich dagegen keine Spuren von Mauerresten oder Dachziegeln erkennen. Möglicherweise war Burg Weiler also nur in Holzbauweise errichtet. Auf die verebnete Gipfelfläche der ehemaligen Burg führt heute ein jüngerer Kreuzweg mit steinernen Bildstöcken.
Von einer Burgschmiede beziehungsweise burgeigenem Handwerk könnten mehrere Brocken von Eisenschlacken im Fundgut zeugen. Auf eine einstmals verkehrsbezogenere Lage der Burg verweisen südseitig unterhalb davon im Gelände erkennbare Reste eines alten Hohlwegs.
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