Schorren

Sirchingen (Bad Urach), Landkreis Reutlingen

Höhe: 680 Meter

Die als Höhlenburg bekannt gewordene Anlage liegt hoch über dem Ermstal innerhalb einer Steilwand der Schorrenfelsen etwa 1 km nördlich des Dorfs Sirchingen.

Schriftliche Nachrichten über die mittelalterliche Nutzungsaktivität der Schorrenhöhle sind nicht überliefert. Auch wie die heute gerne als „Höhlenburg Schorren“ bezeichnete Anlage ursprünglich tatsächlich hieß, ist nicht bekannt. Die Bezeichnung „Venedigerloch“ wird erstmals in der Oberamtsbeschreibung von 1909 für die Höhle angeführt, wobei zu beachten ist, dass es sich hierbei eigentlich um zwei verschiedene Höhlensysteme handelt, zwischen deren Bezeichnungen heutzutage oftmals nicht genauer unterschieden wird.

(Michael Kienzle)

Bereits im Zuge damaliger Grabungen wurden Scherben aufgefunden, wie die Oberamtsbeschreibung zu berichten weiß. Aber erst die Untersuchung jüngeren Fundguts führte in den 90er Jahren dazu, dass dieses als mittelalterlich erkannt wurde. Insbesondere die in jenem Zuge erfasste Geschirr- und Ofenkeramik verweist auf eine dauerhafte Nutzung der Höhle als Wohnsitz. Dieser dürfte während der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet und bereits gegen Ende des 13. Jahrhunderts wieder aufgegeben worden sein. Typische, auch sonst häufig auf Burgen vorkommende Funde sowie die Form und Topographie der Anlage allgemein legen eine Ansprache als burgartige Anlage nahe. Entsprechende Höhlenburgen, wie sie auf der Mittleren Alb sonst eher selten vorkommen, finden sich etwa im Donautal oder im Alpenraum vergleichsweise häufig.

Als potentieller Hinweis auf die Anlage wurde innerhalb der Forschung ein im Jahre 1402 unter Uracher Zinsen genanntes Korngült aus einem hof ze Suntheim, heißet Schorren angeführt. Möglicherweise handelte es sich im Falle dieses in Urach nicht zuzuordnenden Hofs in Suntheim (was wohl mit „Südheim“ zu übersetzen wäre) um einen ehemaligen Wirtschaftshof oder den Rest eines zugehörigen Burgweilers. Gesicherte Nachweise hierzu finden sich allerdings nicht. Weitgehend offen bleibt schließlich auch die grundsätzliche Frage, welche Gründe einen Adeligen der damaligen Zeit bewogen haben mögen, dort in einem kalten und nach Norden ausgerichteten „Loch“ eine Burg zu errichten.

Rund einen Kilometer westlich der Burg Hohenwittlingen erheben sich auf der dieser gegenüber liegenden Ermstalseite oberhalb der heutigen Sirchinger Steige die Schorrenfelsen. Am nördlichen Ende des Felsmassivs öffnet sich in einer Steilwand in 4 Meter Höhe das etwa 5 x 6 Meter messenden Höhlenportal. Der oben „gewölbeartig“ abgerundete Zugang dürfte ursprünglich von einer in Holz- oder Lehmflechtwerkbauweise ausgeführten Frontwand verschlossen gewesen sein, wie mehrere Balkenlöcher im Fels aufzeigen. Hinweise auf ehemalige Steinbebauung finden sich dagegen nicht.

Der eigentliche Höhlenraum teilt sich nach etwa 10 Meter an einem mittig stehenden Felspfeiler. Rechts führt ein etwa 1,5 Meter breiter Gang in den hinteren, enger werdenden Teil der Höhle. Auf der linken Seite öffnet sich eine große, im vorderen Teil fast 7 Meter hohe Halle. Deren etwa 5,5 x 10 Meter messende Grundfläche ist heute stark mit Schutt verfüllt und weist in einer Höhe von ungefähr 3 Meter mehrere aus dem Fels gearbeitete Balkenlöcher auf. Diese belegen einen einstmals vorhandenen hölzernen Innenausbau der Höhle. Am Nordende der Halle führt ein schachtartiger Durchlass auf einen erhöht liegenden kleinen Felsvorsprung. Weiter hinten vereinigen sich Halle und Gang wieder und münden dort in einer etwa 4 x 7 Meter messenden Kammer. Dieser schließt sich ein zunehmend niedriger werdender Gang an, der nach etwa 15 Meter endet.

Lageplan des Venedigerlochs

Christoph Bizer, Oberflächenfunde von Burgen der Schwäbischen Alb. Ein Beitrag zur Keramik- und Burgenforschung, Stuttgart 2006, S. 89-93.

Christoph Bizer/Rolf Götz, Vergessene Burgen der Schwäbischen Alb, Stuttgart 1989, S. 38-40.

Viktor Ernst, Beschreibung des Oberamts Urach, 2. Bearbeitung, Stuttgart 1909, S. 526.

Michael Kienzle, Burg und Kulturlandschaft. Beobachtungen zum soziokulturellen und topographischen Umfeld mittelalterlicher Adelssitze im Bereich der Mittleren Schwäbischen Alb (in Vorbereitung).

Claus Oeftiger, Burgen im oberen Ermstal, in: Der Runde Berg bei Urach. Führer zu archäologischen Denkmälern in Baden-Württemberg 14, Stuttgart 1991, S. 150.

Günter Schmitt, Kaiserberge, Adelssitze. Die Burgen, Schlösser, Festungen und Ruinen der Schwäbischen Alb, Biberach 2014, 131.

Günter Schmitt, Burgenführer Schwäbische Alb 4, Biberach 1991, S. 225-228.

Hans Schwenkel, Heimatbuch des Bezirks Urach, Urach 1933, S. 610.

(Michael Kienzle)