Hohenhundersingen
Hundersingen (Münsingen), Landkreis Reutlingen
Höhe: 675 Meter
Die Burg Hohenhundersingen war die jüngere der beiden Hundersinger Burgen und lag mit ihrem hochaufragenden Buckelquaderbergfried auf einem steilen Burgfelsen hoch über dem Großen Lautertal. Seit dem 12. Jahrhundert war sie Sitz der Herren von Hundersingen.
(Michael Kienzle)
Burg Hohenhundersingen von Horst Guth, Cinecopter
Um das Jahr 1100 hört man erstmals von einer Adelsfamilie, die sich nach einem Ort „Hundersingen“ nennt. Diese Herren, die unter den Wohltätern der Klöster Hirsau, Blaubeuren und Zwiefalten Erwähnung finden, scheinen auch einen frühen Sitz im gleichnamigen Ort an der Donau gehabt zu haben. Im Lautertal lässt sich ein erster Herrschaftssitz mit der Errichtung der Hochburg in Hundersingen fassen, die wohl in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erfolgte. Die Burg Hohenhundersingen wird dagegen erstmals 1314 eindeutig genannt, wobei allein der dortige Buckelquaderbergfried eine frühere Entstehung bereits im 12./13. Jahrhundert vermuten lässt. Archäologische Funde deuten auf eine Erbauung in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. 1192 erscheint unter den Zeugen des Pfalzgrafen Rudolf von Tübingen ein Rudolf von Hundersingen. Es folgen weitere Nennungen der Familie im 13. und 14. Jahrhundert, die im Wappen einen steigenden Hund beziehungsweise eine Bracke führte. Möglicherweise waren die Hundersinger mit den Herren von Baldeck verwandt, worauf die Gleichheit des Wappens sowie der Leitname Rudolf deuten könnten, aber auch eine Verwandtschaft zu den Herren von Ruck (bei Blaubeuren) muss angenommen werden. Die offenbar stets schmale Besitzgrundlage könnte mitverantwortlich für den nach 1300 rasch einsetzenden Niedergang der Herrschaft gewesen sein. Bereits 1314 erwarb Württemberg das Öffnungsrecht an der „Feste Hundersingen“ sowie die militärische Unterstützung von den Brüdern Rudolf und Sibot von Hundersingen und 1352 kaufte Württemberg schließlich die gesamte Herrschaft mit allen zugehörigen Rechten. In der Folge saßen württembergische Vögte auf der Burg, welche 1452 im Pfandbesitz der Speth war und die 1464 an die Truchsessen von Bichishausen ging. Spätestens im 16. Jahrhundert, vermutlich aber schon früher, wurde die 1624 als „Burgstall“ bezeichnete Burg endgültig nicht mehr bewohnt. Zahlreiche 1909 im Rahmen von Ausgrabungen gemachte, heute aber verschollene Funde, lieferten Einblicke in das Alltagsleben und die Alltagskultur der Burgbewohner. Im 19. Jahrhundert kam es mehrfach zu größeren Mauerabstürzen an der Ruine. Die Gemeinde Hundersingen führte 1967 bestandserhaltende Maßnahmen an der Ruine durch. Seit 2001 gibt es eine Fördergesellschaft, die sich um die Pflege der Anlage bemüht.
Die Ruine Hohenhundersingen liegt westlich des Dorfs Hundersingen auf einem felsigen Sporn unterhalb der dortigen Hochfläche. Den Kern der Anlage bildet ein unregelmäßig viereckiger, etwa 12 Meter hoch erhaltener Bergfried, mit Seitenlängen von etwa 4 bis 5 Meter und einem in 6 Meter Höhe gelegenen Hocheingang. Der Innenraum umfasst eine Fläche von lediglich 1,6 x 2 Meter und beinhaltet zwei Räume sowie ein darunter liegendes schachtartiges Verlies. Eine Besonderheit ist der enge, in der Außenwand ausgesparte Durchschlupf, der die beiden Räume verband. Die Außenseiten des Turms sind mit markanten Kalksteinbuckelquadern verkleidet, wobei scheinbar wahllos verschiedene Steinformate und Schichthöhen verwendet wurden. Hinter dem Bergfried findet sich der Rest beziehungsweise der untere Teil einer 4 Meter breiten, etwa 15 Meter langen Schildmauer. Diese gehört sicher nicht zum ursprünglichen Bestand der Burg und dürfte erst im späten 13. oder im 14. Jahrhundert ergänzt worden sein.
Südlich unterhalb des Kernburgfelsens befindet sich ein weiterer Burgteil, der lange Zeit als „Vorburg“ angesprochen wurde, in dem wahrscheinlich aber vielmehr der eigentliche Wohnbereich der Burganlage zu sehen ist, der gut geschützt hinter Turm und Schildmauer lag und gleichsam repräsentativ zum Tal ausgerichtet war. Dieses etwa 10 Meter tiefer liegende Burgareal umfasst eine fast quadratische Fläche von etwa 20 x 25 Meter und wird südseitig durch eine knapp 20 Meter lange, etwa 1,6 Meter starke Mauer begrenzt, die im unteren Teil eine kleine Fensteröffnung aufweist. Offenbar war dieser untere Burgteil einst umfangreich bebaut, wie in den Fels gearbeitete Balkenlöcher sowie ein großes ausgehauenes Balkenlager aufzeigen.
Kaum Beachtung fand lange Zeit eine umfangreiche Voranlage, die sich bergseitig vor der Kernburg erstreckt. Mächtige Grabenanlagen und Wälle schützten diese gegen die leicht überhöht liegende Hochfläche. Unsichere Geländespuren lassen zudem eine Bebauung dieses Areals beziehungsweise die Existenz einzelner Gebäude vermuten, über deren Nutzungsspektrum oder exakte chronologische Einordnung sich vorerst aber keine weitergehenden Aussagen machen lassen. Hinter diesem Vorburgareal fällt schließlich der fast 15 Meter tiefe und etwa 10 Meter breite Halsgraben der Kernburg ab, bei dem es sich offenbar um eine natürliche, zu einem Graben erweiterte Felskluft handelt.
Zur Burg Hundersingen gehörte stets eine kleine Herrschaft, die sich primär um den gleichnamigen Ort sowie um das nahe Dorf Apfelstetten erstreckte. Teile des Burgzubehörs lagen auf der Hochfläche sowie unterhalb an der Lauter um die Mühle innerhalb der Talaue. Nicht weit im Vorfeld der Burg verlief ein weit zurückreichender Verkehrsweg, der hier das Lautertal querte und dessen markante Hohlwegspuren sich deutlich im Landschaftsbild abzeichnen.
Christoph Bizer, Die Hundersinger Burgen und andere Burgen des Lautertals im Spiegel archäologischer Funde, in: Burg Hohenhundersingen, hrsg. von der Fördergemeinschaft Hohenhundersingen e.V., Münsingen 2007, S. 9-13.
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Michael Kienzle, Burg und Kulturlandschaft. Beobachtungen zum soziokulturellen und topographischen Umfeld mittelalterlicher Adelssitze im Bereich der Mittleren Schwäbischen Alb (in Vorbereitung).
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