Reußenstein
Neidlingen, Landkreis Esslingen
Höhe: Circa 760 Meter
Der Reußenstein ist eine der markantesten Burgruinen am Nordrand der Schwäbischen Alb und hat die Menschen schon im 19. Jahrhundert zu Sagen, Legenden und romantischen Fantasien angeregt. Ebenso spannend ist aber die reale Geschichte der Ritterburg auf dem jäh abfallenden Felsklotz.
Burg Reußenstein von Horst Guth, Cinecopter, Musik Martin Olschewski
Der wahrscheinliche Burggründer Dietholdus / Diethoh von Kirchheim entstammte dem ritterlichen Ministerialadel der Herzoge von Teck. Sein Sohn wurde 1301 in einer Urkunde als Ritter „Diethoch von dem Stein“ bezeichnet und belegt somit erstmals die Existenz der Burg. Dessen Enkel, Johann von Stein, verkaufte die Burg 1340 an seine Vettern Konrad und Heinrich „Reuß von Kirchheim“ (Reuß = Russe), da er selbst keine männlichen Nachfolger hatte. Durch diese Familie erhielt die Burg den Namen „Reußenstein“, den sie auch behielt, als sie 1371 an die Herren von Randeck gelangte.
In den folgenden Jahren wurde die Burg mehrmals verpfändet, bis sie 1388 durch den Schwäbischen Städtebund eingenommen und im selben Jahr von Graf Eberhard den Greiner von Württemberg zurückerobert wurde.
Während einer Fehde mit den Helfensteinern eroberte Graf Ulrich von Württemberg 1454 abermals die Burg. Ein Jahr später wurde sie an den ehemaligen Besitzer, seit 1441 Johann von Helfenstein, zurückgegeben. Der wirtschaftliche Niedergang seines Geschlechts zwang Friedrich von Helfenstein, sich 1476 mit dem Reußenstein in den Dienst der Stadt Ulm zu stellen. Er verpflichtete sich, bei deren Kriegszügen mit 11 Berittenen teilzunehmen, im Gegenzug erhielt er jährlich 600 Gulden und im Belagerungsfall 20 Büchsen –und Armbrustschützen zur Verteidigung der Burg. 1525 wurde der letzte gräfliche Burgherr, Ludwig Helferich von Helfenstein, von aufständischen Bauern zu Tode gejagt.
Um 1550 wurde der Reußenstein nicht mehr bewohnt und damit dem Verfall preisgegeben. Nach dem Tod des letzten Grafen von Helfenstein 1627 wechselte die Burg mehrmals ihren Besitzer, bis sie 1806 schließlich an Württemberg überging. Die Ruine wurde 1966/67 durch den damaligen Landkreis Nürtingen baulich gesichert und ist seitdem frei zugänglich.
Der Ursprung des Reußensteins liegt am Ende des 13. Jahrhunderts, als niederadlige Gefolgsleute der Herzöge von Teck auf diesem Felsen an der östlichen Talkante des Lindachtales eine Burg bauten. Die Grundmauern der ersten Anlage sind noch im Mauerwerk der Südwand erkennbar. Ein mächtiger, teils natürlicher, teils von Menschenhand vertiefter Halsgraben trennt die Obere Burg auf dem Felsen von der halbkreisförmigen Vorburg auf der Albhochfläche. Die Vorburg umfasst eine Fläche von etwa 40 auf 74 Meter und ist durch den sie umgebenden Graben und Wall gut erkennbar.
Der heutige Zugang zur Burg entstand bei der Wiederherstellung 1965. Die kleine Burg des 13. und 14. Jahrhunderts, die heutige Obere Burg mit dem Bergfried, hatte ihren Zugang durch den „Schlupf“ sowie eine Felsenhöhle, die heute vermauert ist. Ob es darüber hinaus noch über eine Brücke einen weiteren Zugang gab, ist unsicher. Der Zugang zur Oberen Burg war seit dem Spätmittelalter nur durch die Untere Burg möglich, die einen Torbau besaß. Im Burghof der Unterburg befinden sich eine Zisterne, Reste eines Wohngebäudes und der viereckige Westturm. Beide Gebäude wurden 1966/67 mit Beton gesichert.
Die Obere Burg erhebt sich hoch über der Unterburg auf einem unzugänglichen Felsklotz. Sie ist nur über einen großen Zwinger, einen schmalen Weg und ein enges Felstor zu erreichen. Der fünfgeschossige Palas war durch 2 Meter starke Mauern geschützt und bot Platz für Küche, Wohnräume und Kapelle (mit einem spätgotischen Madonna-Fresko, das vor Jahrzehnten noch sichtbar war). An höchster Stelle liegt der fast quadratische Bergfried mit erhöhtem Eingang.
Grundrisse Günter Schmitt: Kreisarchiv Sigmaringen Nachlass XI/98 Günter Schmitt
Bizer, Christoph und Gradmann, Wilhelm: Burgen und Schlösser der Schwäbischen Alb, Leinfelden-Echterdingen 1994
Bizer, Christoph und Götz, Rolf: Stadt Kirchheim unter Teck Schriftenreihe des Stadtarchivs Band 31 – Die Thietpoldispurch und die Burgen der Kirchheimer Alb – Neue Methoden und Ergebnisse der Burgenforschung, Kirchheim unter Teck 2004
Schmitt, Günter: Kaiserberge, Adelssitze – Die Burgen, Schlösser, Festungen und Ruinen der Schwäbischen Alb, Biberach 2014
Schmitt, Günter: Burgenführer Schwäbische Alb – Band 4 Alb Mitte-Nord, Biberach 1991
Anfahrt von der B 465 zwischen Gutenberg und Donnstetten über Schopfloch in Richtung Wiesensteig, Parkplatz neben der Straße. Weitere Möglichkeit von Weilheim über Neidlingen in Richtung Wiesensteig.
Frei zugänglich.