Schülzburg
Anhausen (Hayingen), Landkreis Reutlingen
Höhe: 616 Meter
Heute eine der imposantesten Ruinen, war die Schülzburg die am längsten bewohnte und intakt gebliebene Burg des Lautertals, bis sie 1884 ein Raub der Flammen wurde. Heute nicht mehr zugänglich, fristet sie ein fast schon vergessenes Dasein. Ihre noch mehrere Stockwerke hoch aufragenden Mauerreste sind aufgrund lange überfälliger Sicherungsmaßnahmen mittlerweile stark einsturzgefährdet.
(Michael Kienzle)
Lange wurde angenommen, dass die Schülzburg um das Jahr 1329 durch den Ritter Walther von Stadion errichtet wurde. Wahrscheinlich baute dieser jedoch allenfalls eine bereits bestehende älteren Burganlage aus. Dass eine solche bereits im 12./13. Jahrhundert an dieser Position bestand, legen sekundär verwendete Buckelquader an mehreren Stellen sowie auch archäologische Funde nahe. Eine angeblich einst auf der Burg vorhandene Inschrift, wonach diese 1169 erbaut worden sein soll, ist heute nicht mehr auffindbar und somit auch nicht überprüfbar. Vielleicht handelt es sich bei einem 1263 genannten „Rudolfus de Shulzberg“, der wohl dem Anhausener Ortsadel entstammte, um einen der Burgherren auf der Schülzburg. 1282 kaufte das Kloster Salem Herrschaftsrechte in Anhausen von den Grafen von Wartstein, in deren Einflussbereich Ort und Burg lagen. 1291 erwarb es von dem Ritter Burkhardt Senflin – einem Dienstmann der Grafen – weiteren Besitz. Im Jahr 1329 tauschte das Kloster Salem seine Güter in Anhausen und dem nahegelegenen Ort Altmannshausen mit dem Ritter Walther von Stadion gegen Güter in Emerkingen und Niederstadion. Erstmals eindeutig genannt wird die Burg im Jahr 1362, als Walters Nachfolger Eitel von Stadion die „Veste Schültzburg“ an Herzog Rudolf von Österreich zu Lehen gab. 1374 befand sie sich im Besitz der Herren von Freyberg, die jedoch zugunsten von Württemberg auf ihre Rechte daran verzichteten. Zwischenzeitlich unter der Verfügung der Grafen von Kirchberg, ging die Burg 1452 an Albrecht Speth, in dessen Familienbesitz sie fortan verblieb. 1605 wurde ein neues Renaissanceschloss im vorderen Teil der Anlage errichtet und 1749 erfolgten wohl nochmals umfangreiche Renovierungsarbeiten. Die Schülzburg blieb noch bis 1884 bewohnt, bis sie im Februar dieses Jahres einem verheerenden Brand zum Opfer fiel und danach nicht wieder aufgebaut wurde. Eine umfangreiche Sicherung der Ruine fand in den Jahren 1984-88 statt. Seit einigen Jahren wieder dringend notwendig gewordene Sicherungsarbeiten an den stellenweise stark einsturzgefährdeten Mauern fanden bislang nicht statt. Dadurch ist eine der imposantesten und hoch aufragendsten Ruinen des Lautertals in ihrem Bestand akut bedroht und deren Erhalt für die Nachwelt mittlerweile stark gefährdet!
Die Schülzburg erhebt sich auf einem felsigen Sporn in Halbhöhenlage etwa 30 Meter oberhalb des Lautertals südöstlich von Anhausen. Ein etwa 16 Meter breiter ausgemauerter Halsgraben schützte die Anlage gegen die Feldseite, während auf den West- und Ostseiten Steilhänge natürlichen Schutz bieten. Die Südseite der Burg ruht auf einer hohen Futtermauer. Am nordseitigen Spornende liegt der ältere Burgteil mit einem dreigeschossigen massiven Wohnbau, in dessen Mauern nachträglich größere Fensteröffnungen gebrochen wurden. Ehemals verfügte dieser über einen auskragenden Fachwerkaufsatz. Darunter lag ein tonnenüberwölbter Keller. Im nördlichen Teil der Anlage befand sich auch die 1508 erwähnte Burgkapelle.
Südseitig verbindet der zwischen zwei starken Mauern gelegene innere Hof den älteren Burgteil mit dem jüngeren feldseitig angegliederten viergeschossigen Schlossbau. Dieser entstammt mit seinem runden Treppenturm dem 16. Jahrhundert. Im inneren Hof lag einst der Burgbrunnen, während im äußeren Hof ein intakter Kellereingang erhalten ist, über dem einst ein kleineres, heute aber gänzlich verschwundenes Gebäude stand. Zusätzlich umfriedet wurde die Gesamtanlage auf der West- und Nordseite durch einen schmalen Zwinger, der durch zwei kleine Halbrundtürme verstärkt wurde. Der Zugang zur Burg erfolgte über eine Zugbrücke, die später zugunsten einer steinernen, dann einer hölzernen Konstruktion ersetzt wurde. Letztere brach in jüngerer Vergangenheit endgültig zusammen. An mehreren Stellen im unteren Bereich des jüngeren Schlossbaues lassen sich sekundär vermauerte Kalksteinbuckelquader erkennen, die als Relikte der Burg des 12./13. Jahrhunderts anzusprechen sind. Wie diese insgesamt ausgeformt war, lässt sich heute kaum mehr rekonstruieren.
Im Vorfeld der Schülzburg finden sich umfangreiche Geländespuren und Baureste von frühneuzeitlichen Ökonomiebauten, Gartenanlagen und einem rondellartigen „Gartenhaus“, welche wohl in Zusammenhang mit dem Neubau des Renaissanceschlosses entstanden. Südwestlich unterhalb der Burg liegt auf einem kleinen Plateau die Ruine eines etwa 20 x 11 Meter großen Wirtschaftsgebäudes. Ältere Abbildungen sowie eine Fotografie aus dem Jahr 1924 zeigen hier einen mehrstöckigen, damals noch gut erhaltenen Baukörper. Heute ist das Gebäude nahezu vollständig verschwunden.
Die Schülzburg war einst Zentrum eines kleinen Herrschaftsbereichs, zu dem neben Wäldern, Weiden und Feldern auch ein frühneuzeitliches Schafhaus gehörte, das auf dem benachbarten Schafberg lag. Unterhalb der Burg querte eine bedeutende mittelalterliche Straße das Lautertal.
Christoph Bizer/Wilhelm Gradmann, Burgen und Schlösser der Schwäbischen Alb, Stuttgart 1994, S. 68-69.
Der Landkreis Reutlingen. Amtliche Kreisbeschreibung, hrsg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Reutlingen, Band I, Sigmaringen 1997, S. 769-770.
Gunther Dohl, Die Grafen von Wartstein und ihre Burgen im Lautertal, Ulm 1991, S. 157-166.
Viktor Ernst, Beschreibung des Oberamts Münsingen, 2. Bearbeitung, Stuttgart 1912, S. 560.
Michael Kienzle, Burg und Kulturlandschaft. Beobachtungen zum soziokulturellen und topographischen Umfeld mittelalterlicher Adelssitze im Bereich der Mittleren Schwäbischen Alb (in Vorbereitung).
Beschreibung des Oberamts Münsingen, Stuttgart/Tübingen 1825, S. 116-118.
Günter Schmitt, Kaiserberge, Adelssitze. Die Burgen, Schlösser, Festungen und Ruinen der Schwäbischen Alb, Biberach 2014, S. 105.
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